Realistische Malerei
Abstrakte Malerei
Fotokunst
Info

Markus Wimmer
(geboren 1980 in München) ist im Bereich der freien Kunst und Malerei ein Autodidakt. Er bildete sich bereits vor seinem Studium zum Kommunikationsdesigner an der Hochschule Augsburg (Diplom in Fotografie 2010)
eigenständig und relativ losgelöst von den modernen Tendenzen und Strömungen in der Kunst aus. Das Handwerk des Grafikers mischte sich mit seiner dem Fotorealismus zugewandten Maltechnik, welche bis heute ein
wesentlicher Bestandteil in seinem Schaffen geblieben ist.
Der Künstler erweiterte sein Œuvre über die Jahre zunehmend und sieht sich selbst als multidisziplinär arbeitend an. Dabei bearbeitet er sprunghaft und intuitiv immer wieder verschiedene Themen und nutzt dafür
unterschiedliche Disziplinen, um sich selbst weiterzuentwickeln und einer Monotonie im Schaffensprozeß zu entgehen. Das Festlegen auf eine einzelne und unverkennbare Handschrift, was Markus Wimmer persönlich als
einschränkend empfindet, wurde dabei bewußt zur Seite gelegt.
Der Künstler arbeitet seit 2010 selbständig als freischaffender Künstler im Münchner Raum und ist seit 2020 Mitglied des BBK München.
Signalstörung als inszenierte Realität:
Ein Gedanke zur Malerei von Markus Wimmer
Es gibt Symbole, die sich in unserem medialen Alltag auf jede erdenkliche Weise wiederholen. Ihre
Entschlüsselung kann zwar variieren, innerhalb eines Kulturkreises oder einer Altersgruppe brennt
sich jedoch zumeist eine bestimmte Bedeutung in das kollektive Gedächtnis ein. Auch die Malerei
von Markus Wimmer will Vorlagen einer digitalen Welt von innen her umwandeln, deren
gesellschaftsrelevante Substanz bei gleichbleibender formaler Ausgangssituation verändern. Der
Standpunkt 'ich male was die Kamera sieht' der die amerikanischen Fotorealisten um 1970
kennzeichnete ist für Wimmer nicht mehr wesentlich. Er versteht sich als Maler und als
Kommunikationswissenschaftler. Es handelt sich bei ihm nicht um eine abbildende sondern um
eine transformierende - oder noch genauer um eine interferierende - Malerei die die technisch
perfekte Vorlage der Filmausschnitte manipuliert indem er sie mit expressiven Verwischungen auf
eine andere Kommunikationsebene bringt.
Bewusst wird eine scheinbare Gleichsetzung von informativer und künstlerischer Aussage provoziert,
so weist er auf engstem Spielraum auf die Krise der Wahrnehmungsnivellierung hin und die Allmacht
der omnipräsenten virtuellen Erscheinung wird unterlaufen. Das Bild das hinter den Bildstörungen sich
auflöst, bekommt durch den Prozess des Verschwindens erst seine wichtige Bedeutung: es entspricht der inszenierten
Realität einer digitalisierten Gesellschaft die sich dem optischen Wahrnehmungsimpuls einer
objektiven Beurteilung entzieht inwiefern es sich um ein Bild oder um ein Abbild der Realität
handelt. Die Wahl der Bildvorlage ist sein virtueller Wirklichkeitsbezug und schafft Verbindlichkeit
innerhalb des Unverbindlichen. Der Versuch einer Einordnung entzieht sich und gezielt lässt der
Autodidakt Wimmer - der 1980 in München geboren ist und dort lebt - den Rezipienten Freiraum
bei der Interpretation seiner Sujets. Er geht dabei widersprüchlich vor: Die Titel sind sachlich, die
Übermalungen werden mit grobem Spachtel gestisch aufgetragen.
Technisch versiert, ist Wimmer schon seit früher Kindheit von Kunst fasziniert und absolviert eine
Ausbildung als Grafiker. Daher seine Faszination für die digitale Kommunikationsstrukturen einer
globalisierten Gesellschaft. Er agiert auch tatsächlich werbestrategisch indem er den Betrachter
subtil miteinbezieht bei seiner rezeptionsästhetischen Herangehensweise des Bildaufbaus: Die
Aufschlüsselung der Inhalte liegt beim Publikum, die kognitive Irritation der Bildschirmstörung wird
zum konstruktiven Verbündeten im Auftrag der Bildinterpretation. Diese Unbestimmtheitsstelle
bietet die Möglichkeit durch subjektives Konkretisieren den zugrundeliegenden Bildinhalt zu
rekonstruieren und zu klären. Die Betrachterfunktion und den Prozess der emotionalen
Wahrnehmung nachzuspüren wird zum eigentlichen Anliegen Wimmers: Der Betrachter projiziert
persönliche Erfahrungen und kollektive Symbole in das Gesehene und vervollständigt erst das
Bild.
Im Gesamtwerk des jungen Künstlers fällt auf, das sich sein Stil und die Sujets im Laufe der
Jahre verändert haben. Ist in den frühen Arbeiten eine glamouröse Gesellschaft das
vorherrschende Bildthema das plakativ und grossflächig dargestellt wird, scheint es als würde sich
in den neuesten Arbeiten eine Wandlung im Kleinteiligen stattfinden. Die Farben werden greller,
der Gestus expressiver und das realistisch dargestellte Sujet wird von einem Raster überdeckt das
allgemein als Signalstörung erkennbar ist. Es scheint allerdings weniger darum zu gehen diesen
technischen Effekt zu imitieren, sondern vielmehr darum seine Wiedererkennbarkeit zu nutzen um
einer Abstraktion der eigentlichen Substanz nahezukommen die sich auch im Alltag durch die
Überflutung an Informationen aufgrund der raschen digitalisierten Verbreitung zeigt. Markus
Wimmer gelingt es mediale Sequenzen in seiner Malerei wiederzugeben und gleichzeitig sie in
ihrem Verschwinden als Spiel mit Wahrnehmungsmustern zu manifestieren. Die scheinbare
Oberflächlichkeit seiner Sujets greift tiefer, denn sie erfasst die beklemmende Situation die sich
hinter der Bilderflut einer hochtechnologisierten Gesellschaft zeigt: das Sich-Auflösen der
eigentlichen Inhalte.
Elisabetta Besciani
Universität Augsburg,
Institut für Kunstpädagogik (2016)